(SW 1073)
Die Idee, eine Solokadenz aus einem lediglich gedachten Instrumentalkonzert quasi als Solosonate herauszulösen – also ein musikalisches Element aus einem nicht existierenden Kontext zu separieren – gehört zweifellos zu den Spezialitäten des kompositorischen Originals Christian Ridil. Wer ihn und seine Musik kennt, weiß um seinen mitunter subversiven Umgang mit musikalischem Material und kann daher ermessen, wie viel Geistreiches sich hinter solchen bewussten Irreführungen verbergen kann.
Anspielungen auf und Ableitungen aus vermeintlich zugrunde gelegtem thematischem und motivischem Material – das in einer traditionellen Kadenz gewöhnlich aufgegriffen und vom Solisten möglichst virtuos verarbeitet wird – gedanklich vorwegzunehmen und zu antizipieren, kann faszinierend sein und zu allerlei Rätselraten anregen. Die Assoziationen reichen dabei von Beethovens Violinkonzert über Brahms bis hin zu Alban Berg – eine ganze Fülle an musikalischen Bezügen lässt sich heraushören oder gar „herauslesen“.
Für die Bratsche, die bislang nicht gerade üppig mit originärer Sololiteratur bedacht wurde, stellt das Werk eine spieltechnisch äußerst anspruchsvolle Komposition dar. Es fordert den Interpreten mit sämtlichen erdenklichen Raffinessen heraus – darunter Mikrointervalle, komplexes mehrstimmiges Spiel und spezielle Bogentechniken wie col legno.
Damit wären wir wieder beim Kern der Sache angelangt: der Solokadenz selbst.
Martin Schmeck
Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich, um vollen Zugriff auf die Download-Seiten der Noten zu erhalten.