Erntelied

Sieben hymnische Aphorismen für Oberchor und Orgel

(SW1060)

Besetzung: Chor (SSA) – Orgel
Dauer: ca. 11 Minuten

Der fast schon volkstümlich-harmlose Titel „Erntelied“ wird durch den Untertitel „sieben hymnische Aphorismen für Oberchor und Orgel“ nicht nur präzisiert, sondern gleichzeitig auch gleichsam intellektuell konterkariert. Dieses Prinzip spiegelt sich in gewisser Weise auch in der Komposition selbst wider, sei es in der auffälligen Gegensätzlichkeit der sieben Teile untereinander oder sei es in der großenteils komplexen Verarbeitung vermeintlich einfacher Grundmaterialien. Sieben der insgesamt neun Strophen des von Gottfried Tollmann aus der Zeit des Spätbarocks stammenden Textes werden als Text herangezogen. 

In der formalen Anlage wechseln polyphon angelegte Tuttisätze und rein vokale, überwiegend homophon angelegte Kantionalsätze einander ab, wobei in letzteren der Cantus firmus jeweils in einer anderen Stimme liegt. Besonders der siebte und letzte Teil der Komposition kann mit seinen kontrapunktisch verstrickten chromatischen Durchgängen und seiner Seufzermotivik als eine Art Verneigung vor Johann Sebastian Bach angesehen werden. 

Das motivisch-thematische Material des Vokalparts rekrutiert sich größtenteils aus Versatzstücken der Orgelbegleitung; hier geht Ridil kompositorisch gleichsam den umgekehrten als den üblichen Weg. Besonders auffällig in den reinen Vokalteilen sind einige wie musikalische Wendepunkte wirkende Schnittstellen, bei denen eine Tendenz zu polarer Harmonik und enharmonischer Verwechslung – ähnlich wie beispielsweise bei Bartók – beobachtet werden kann. 

Klanglich wird der kristalline Charakter des reinen Oberchores immer wieder durch teils schroffe, rhythmisch scharf akzentuierende Orgeleinwürfe oder vertikal mitunter äußerst gespannte Zwischenspiele gebrochen, aber auch vor- wie nachbereitend an sich selber reflektiert.

Die Komposition stellt sowohl an den Chor als auch an den Organisten recht hohe musikalische wie gesangs- bzw. spieltechnische Anforderungen und ist in jeder Hinsicht ein lohnender und wertvoller Beitrag zur zeitgenössischen Chormusik.

Martin Schmeck

Klangbeispiel

Hinweis: Die Klangdateien sollen erfahrenen Musikern und Orchesterleitern dazu dienen, sich einen ersten Eindruck über Duktus und Stil einer Komposition zu verschaffen. Als Grundlage dienten synthetische Klangerzeuger, die nicht das Ziel verfolgen, audiophile Ansprüche eines Musikkonsumenten zu befriedigen.

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